Klangvoller Endspurt eines Raubvogels
Neues Gesicht, anspruchsvolle Innenausstattung, V6 Turbo-Benziner, resistente Aufhängung und variable Federung, kultiviertes Fahrverhalten auf der Strasse und Off-road-Eigenschaften der Himalaya-Klasse, das ist der neue Ford Ranger Raptor. Marc Schonckert auf Entdeckungsfahrt.
Natürlich begleitete mich Oma mit den Springerstiefeln auf diesem Trip. Sie war begeistert von Look und Leistung des neuen Raptor, verstaute Kettensäge, Campingausrüstung, Machete, Kompass, Stromgenerator und eine Kiste mit bestem Highland Malt auf der geräumigen Ladefläche, zog den Gleit-Verschluss zu, ließ die Ladeklappe einschnappen und kletterte unternehmungslustig auf die Seitenleisten und hievte sich an Bord. „Fehlt nur ein Seilwinde zum Einsteigen“, murmelte sie, aber dafür genoss sie eine hohe Sitzposition in sportlichen, aber bequemen Ledersitzen und beste Aussicht auf die Umgebung.
„Und jetzt dahin, wo es noch rau, brutal und ungesittet zugeht“, verlangte sie und ich fragte: „EU-Kommission in Brüssel oder Gare du Nord ? Oder wilde, unberührte Natur? Dann würde ich die Nordstrecke oder Kenia vorschlagen.“ Wir einigten uns dann auf die Sierra Nevada in Spanien, fuhren quer durch Frankreich, durch die Loire und eine Menge Flora und Fauna bis hinunter durch Andorra nach Spanien, geradewegs nach Madrid und dann nach Andalusien bis nach Gibraltar, setzen dann rüber nach Ceuta und von da nach Essaouira an der Atlantikküste von Marokko, wo wir vor fast vier Jahren schon den damaligen Ranger Raptor getestet hatten (Tageblatt Magazin vom 1. Juni 2019). Der fuhr allerdings nur mit Vierzylinder Diesel und war nicht so spritzig wie unsere jetziger mit V6 3-Liter Bi-Turbo Benziner und seine 292 PS.
Der Trip war ein reines Kinderspiel, wenn man einmal von den hausgemachten Hindernisse des Luxemburger Straßennetzes absieht. Probleme unterwegs gab es keine, der Raptor überwand alle Herausforderungen, ob Geröll, Schotter, Kies, Schlamm und Sand, mit spielerischer Leichtigkeit. Für Gelände-Beschaffenheiten gibt es vier Gelände-Fahrprogramme, einstellbar über Drehring an der Mittelkonsole, wo man auch Mittelsperre und Geländeuntersetzung (4L und 4H) einlegen kann. Im Normalfall fährt der Raptor mit Hinterradantrieb, daneben kann man auch auf 4A stellen, wo dann der Allrad automatisch je nach Lage der Dinge einsetzt. Mit den Fahrprogrammen ändern sich auch Federungs-, Lenk- und Ansprechverhalten, wer den Modus „Baja“ neben „Normal“ und „Sport“ wählt, erlebt den Raptor als renntauglichen Wüstenboliden, dem wir wünschen, nicht in die Hände einer umgedrehten Baseballkappe mit Untermieter und Euro6 IQ-Level zu geraten.
Dann ging es zurück, erschöpft aber zufrieden, es war eine entspannte Rückreise bis an die Grenze zu Luxemburg, ab wo einem erneut die Dringlichkeit eines sofortigen Auswanderns bewusst wurde. Zu einer letzten Warnung stellten wir das Akustikverhalten der Auspuffanlage auf „Sport“, damit es so ordentlich krachte bei unserer Rückkehr in dieses vom Erstickungstode bedrohten Land, was nicht allein auf CO2-Abgasen beruht. Der Raptor eignet sich bekanntlich auch als Nutzfahrzeug. Da hört man den Installateur schon aus weiter Ferne heranrücken. Allerdings bleibt ihm nicht mehr viel Zeit im Strom neuer Mobilitäts-Bestimmungen. Zumindest in Europa.